Veranstaltungen

22. Oktober 2024: „Die Politik der Entkommunisierung in der Ukraine 2014-2024“, Vortrag von Yaryna Yasynevych, Kyïv

(Einladung PDF)

Das Institut für Ostrecht (IOR) in Regensburg lud am 22. Oktober 2024 zu einem Vortrag der ukrainischen Aktivistin Yaryna Yasynevych ein. Unter dem Titel „Die Politik der Entkommunisierung in der Ukraine 2014–2024“ thematisierte Yasynevych im Evangelischen Bildungswerk Regensburg die Aufarbeitung des sowjetischen Unrechts sowie die Herausforderungen und Fortschritte der letzten Jahre in der Ukraine.

Yaryna Yasynevych, Programmdirektorin des Forschungszentrums für die Befreiungsbewegung in Kyïv, stellte dabei verschiedene Maßnahmen vor, die in der Ukraine zur Entkommunisierung durchgeführt wurden. Hierzu zählen die Öffnung der Geheimdienstarchive, die Umbenennung von Orten, die Anerkennung des Holodomor als Völkermord, das Verbot kommunistischer Symbole und die Rehabilitation von Opfern politischer Repressionen.

Yaryna Yasynevych referierte úber „Die Politik der Entkommunisierung in der Ukraine 2014–2024“

Der Vortrag war Teil des Projekts „Restorative Justice in der Ukraine: die (fehlende) Aufarbeitung des Sowjetunrechts von 1991 bis heute“, das seit Mai 2024 am IOR läuft und von der Deutschen Stiftung Friedensforschung finanziert wird. Ziel des Projekts ist es, eine juristische Bestandsaufnahme der bisherigen staatlichen Maßnahmen zur Aufarbeitung des sowjetischen Unrechts in der Ukraine durchzuführen und Handlungsempfehlungen für die zukünftige Entwicklung zu erarbeiten.

Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Evangelischen Bildungswerk Regensburg e.V., der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. (Zweigstelle Regensburg), dem Zentrum für Interdisziplinäre Ukrainestudien „Denkraum Ukraine“ der Universität Regensburg und der Deutschen Stiftung Friedensforschung organisiert. Dank der Simultanverdolmetschung ins Deutsche konnten die Teilnehmenden aktiv in den Diskurs eingebunden werden.

Das Projekt „Restorative Justice in der Ukraine“ umfasst neben Vorträgen auch Workshops und Publikationen. Bei einem Auftaktworkshop im Mai 2024 wurden unter anderem die Entmythologisierung russisch-sowjetischer Narrative sowie der Zugang zu KGB-Archiven behandelt. Die bisherigen Veranstaltungen haben deutlich gemacht, dass das Thema ein breites Interesse findet und der Bedarf an wissenschaftlichem Austausch groß ist.

Die Veranstaltung am 22. Oktober setzte diesen Prozess erfolgreich fort und bot den Teilnehmenden eine Gelegenheit, sich intensiv mit der Bedeutung der Entkommunisierung in der Ukraine auseinanderzusetzen. Das Institut für Ostrecht freut sich auf die kommenden Aktivitäten und die fortgesetzte Zusammenarbeit mit ukrainischen Partnern.

7. Mai 2024: Opening Workshop „Socialist State Crime and Post-Socialist Legal Reactions in Eastern Europe“

(Programm – PDF)

Am 7. Mai 2024 richtete das Institut für Ostrecht den Auftaktworkshop zum Thema „Socialist State Crime and Post-Socialist Legal Reactions in Eastern Europe“ aus. Diese Veranstaltung, die am Institut in Regensburg im hybriden Format durchgeführt wurde, leitete das von der Deutschen Stiftung Friedensforschung finanzierte Forschungsprojekt „Restorative Justice in der Ukraine: (Not) Coping with Soviet State Crimes from 1991 until Today“ ein.

Das Pilotprojekt beleuchtet die juristische Aufarbeitung sowjetischer Staatsverbrechen in der Ukraine. Es thematisiert die Distanzierung der Ukraine vom Unrecht des Sowjetregimes (rechtsförmige Verurteilung des sowjetischen Staatsunrechts, Pönalisierung der Symbole des Sowjetsystems), den Umgang mit den Tätern (Bestrafung, Lustration), die Sorge um die Opfer (moralische Anerkennung, Wiedergutmachung von Schäden, spezielle Formen des Opfer-Täter-Ausgleichs) und den Zugang zu Archiven ehemaliger Unterdrückungsapparate.

Der Vortrag von Prof. Dr. Robert Uerpmann-Wittzack führte zunächst in die Thematik von Restorative Justice und Transnational Justice im Völkerrecht ein. Prof. Dr. Katrin Boeckh gab sodann einen historischen Überblick über das Sowjetunrecht in der Sowjetukraine. Anschließend folgte ein vergleichender Überblick über die juristische Bewältigung der sozialistischen Vergangenheit von Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Küpper. 

Zu den Höhepunkten des Workshops gehörten Beiträge von ukrainischen Experten, darunter Prof. Dr. Volodymyr Steshenko, der die russisch-sowjetischen Narrative entmythologisierte. Dr. Volodymyr Viatrovych, Abgeordneter der Verchovna Rada der Ukraine und Mitverfasser der Gesetze zur Entkommunisierung von 2014 bis 2019, sprach über die ukrainische Erinnerungspolitik im Kontext des russisch-ukrainischen Krieges. Yaryna Yasenevych gab einen umfassenden Überblick über die Entkommunisierung in der Ukraine im Zeitraum von 2014 bis 2024.

Prof. Dr. Yevhen Pysmenskyi sprach über das Sowjetregime in der Ukraine und die aktuelle Politik des strafrechtlichen Schutzes des historischen Gedächtnisses. Dr. Dmytro Pylypenko erörterte anschließend aktuelle Fragen der Entschädigung für Opfer in der Ukraine.

Prof. Dr. Serhiy Adamovych stellte die Herausforderungen bei der Rehabilitation der Opfer politischer Repressionen vor, und Dr. Yevhenii Tkachenko fokussierte sich auf die Wiedergutmachung von Unrecht im Kontext der Rechte der Krimtataren.

Zwei weitere Vorträge von Rechtsanwältin Tina de Vries und Dr. Vitaliy Baka befassten sich mit dem Institut für nationales Gedenken in Polen und der Tätigkeit des Ukrainischen Instituts für Nationales Gedenken in Bezug auf die Dekolonisierung des öffentlichen Raums in der Ukraine.

Abschließend stellte der Leiter des Archivs des Nationalen Sicherheitsdiensts der Ukraine, Dr. Andriy Kohut, die Geschichte und den Zugang zu den KGB-Archiven in der Ukraine vor.

Die Diskussionen verdeutlichten, wie weitreichend die Herausforderungen sind, die sich aus der Vergangenheit ergeben, und betonten die Dringlichkeit, die Ansätze der Restorative Justice in der Ukraine weiterzuentwickeln.